Im Folgenden teilen wir das Statement der Bündnis Verlage gegen Rechts zur Frankfurter Buchmesse 2023.
Die Gründung der Initiative Verlage gegen Rechts war eine Antwort darauf, dass immer mehr rechte Verlage Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit suchten und die Buchmessen in Frankfurt und Leipzig als Forum nutzten, um ihre rassistischen, queerfeindlichen, antisemitischen und antifeministischen Inhalte bekannt zu machen. Nun mögen Bücher insgesamt an Bedeutung verloren haben, aber diese Inhalte sind in die Gesellschaft eingesickert, normalisiert und in manchen Gegenden sogar mehrheitsfähig geworden.
In Sachsen und Sachsen-Anhalt wird den Schulen vom Kultusministerium mittlerweile das Gendern verboten, in Bayern darf auch Minister bleiben, wer die Opfer der Shoah verhöhnt. Dieser Backlash ist nicht bloß ein deutsches Phänomen, er zeigt sich an vielen Orten und reicht bis zu Bücherverboten. Queere Bücher dürfen in Ungarn nur eingeschweißt verkauft werden, in Florida werden Bücher zur rassistischen Geschichte der USA auf den Index gestellt, in Italien wichtige Posten im Kulturbetrieb nur noch mit rechten Personen besetzt etc. etc.
Gleichzeitig bricht sich ein anderer gesamtgesellschaftlicher Trend Bahn: der Wunsch nach Eskapismus, Ablenkung, Zerstreuung angesichts von krisenhaften Zeiten. Für die Verlagslandschaft bedeutet das zwangsläufig Kommerzialisierung: Wohlfühlbücher, die den Massengeschmack bedienen, setzen sich durch. Bücher als Ideenträger mit politischen, widerständigen und komplexen, vielleicht auch widersprüchlichen Botschaften, sind hingegen kaum noch finanzierbar. Dadurch geraten unabhängige Verlage in wirtschaftliche Existenznot.
Sie bedürfen dringend der politischen Unterstützung und Informiertheit. Denn es sind diese kleinen, unabhängigen Verlage, die unter selbstausbeuterischen Bedingungen das breitestmögliche linke Bildungsangebot bereitstellen, im Kulturbetrieb als Impulsgeber*innen fungieren und für die Sichtbarkeit von Themen sorgen, die keine Lobby haben. Sie sind unverzichtbar – ebenso wie die Menschen, die außerhalb des Mainstreams lesen.
Aus diesen beiden Problemlagen ergeben sich viele Forderungen: Zunächst einmal gilt weiterhin der Ruf „Positioniert Euch!“, den Verlage gegen Rechts seit der Gründung nicht müde wird, an alle Kolleg*innen in der Buchbranche immer wieder auszusenden. Sich als politisch neutral zu deklarieren, wie es viele Verlagsleute auf Anfrage und in ihren programmatischen Entscheidungen tun, ist schlichtweg fahrlässig. Gleichzeitig braucht die Verlagslandschaft dringend politisch-institutionelle und finanzielle Unterstützung. Beispiele gäbe es unzählige, darunter: Das Auswärtige Amt muss Übersetzungen über den Verein Litprom unbedingt weiter fördern, damit marginalisierte Stimmen Gehör finden; der Frankfurter und Leipziger Buchmesse (inklusive dem Veranstaltungsprogramm Leipzig liest) und der Bundeszentrale für politische Bildung, die bei einem breiten Publikum den Diskurs fördern, dürfen nicht wie angekündigt massiv Gelder gestrichen werden; die Mehrwertsteuer für Bücher muss abgeschafft werden, damit sie bei steigenden Produktionskosten nicht zum unerschwinglichen Luxusprodukt werden.
Wichtige und sinnvolle Maßnahmen gäbe es viele, allein der Wille fehlt! Es braucht unbedingt politische Solidarität auf allen Ebenen, damit es den Kampf von Büchermenschen gegen Rechts und unabhängiges Verlegen in ein paar Jahren überhaupt noch geben wird!
Hier geht es zur Website des Bündnis #verlagegegenrechts.
Veranstaltung von Verlage gegen Rechts auf der Frankfurter Buchmesse
„Rechtsruck & Backlash allerorten – Was könnten die Antworten darauf sein?“
am Freitag, den 20.10. von 15 bis 16 Uhr auf der Bühne der unabhängigen Verlage (Halle 3.1, C 105)
Mitwirkende: Saba-Nur Cheema (Universität Frankfurt) und Lukas Wanke (Kollektiv IfS dichtmachen!), Moderation: Lena Luczak