Tag: klassismus

Brit Bennett: Die verschwindende Hälfte

Brit Bennett: Die verschwindende Hälfte Ein sehr rund erzähltes Buch, beginnend mit dem Aufwachsen der Zwillinge Desiree und Stella in Mallard, einer Kleinstadt im Süden der USA in den 60er Jahren. Mallard ist eine Stadt, in der Schwarze Menschen in Zeiten rassistischer Segregation leben. Die Schwarzen in Mallard sind hellhäutig, sehen teilweise weiß aus (für weiße Blicke) und einzelne können daher in weißen Kontexten als weiß passen. Die Zwillinge sind unzertrennlich. Mit 16 laufen sie weg von zu Hause, ihr Vater gelyncht, als sie kleine Kinder waren, die Mutter zu ewigem schlecht bezahltem Putzen in reichen weißen Familien verurteilt, und...

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Regina Porter: Die Reisenden

Regina Porter: Die Reisenden Das Diagramm auf den Innenseiten des Buches verdeutlicht hervorragend, was dieses Buch zeigt: ein Netz von Beziehungen zwischen Menschen über zwei verschiedene Familien hinweg, die sich über die Jahrzehnte miteinander verweben, begegnen, nicht kennen, parallel leben – und doch in allem so unterschiedliche Möglichkeiten haben und leben können: die eine Familie wird diskriminiert durch Rassismus, die andere ist privilegiert in Bezug auf Rassismus. Dies ist gebrochen und verfließend in intersektionalen Lebensverhältnissen, in denen Gender, Klasse, insbesondere Bildung und Geld, sowie Sexualität auch entscheidende Rollen dafür spielen, welche Chancen die jeweiligen Menschen haben und mit welchen diskriminierenden...

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Bernardine Evaristo: Girl, Woman, Other

Bernardine Evaristo: Girl, Woman, Other Ich mag Romane, die die Leben unterschiedlicher Menschen miteinander in eine Verbindung setzen, sehr sehr gerne. Genau das macht 'Girl, Woman, Other' in einer unglaublich komplexen und spannenden Weise. Alles beginnt damit und ist gerahmt davon, dass Ammas Theaterstück an dem Abend, an dem die Erzählung des Buches einsetzt, im Nationaltheater in London Premiere haben wird. Ein großer Tag: Das Theaterstück einer Schwarzen Person, die sich als Frau versteht und eine feministische Verortung hat, wird im Nationaltheater aufgeführt werden. Die Nahpersonen von Amma werden kommen, ältere Beziehungen und jüngere Kontakte, biofamiliäre Beziehungen und vor allem...

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Lesley Nneka Arimah: Was es bedeutet, wenn ein Mann aus dem Himmel fällt

Lesley Nneka Arimah: Was es bedeutet, wenn ein Mann aus dem Himmel fällt Krass. Das hab ich bei jeder einzelnen Erzählung auf verschiedene Weisen immer wieder gedacht. Die erste, ganz zu Beginn also, hat mir tatsächlich den Atem genommen, so unvermittelt konfrontiert diese mit den Auswirkungen struktureller Gewalt. Losgelassen hat mich keine der Erzählungen, so unterschiedlich sie auch sind. Ein heftiges, berührendes, tief gehendes Buch. Jede der elf Erzählungen in dem Band hallt beim Lesen in mir wider und nach dem Lesen lange in mir nach. Ich habe ein starkes Bedürfnis, mit anderen über das Gelesene zu sprechen, weil es...

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Annie Ernaux: Die Jahre

Annie Ernaux: Die Jahre Für wex ist das Buch zu lesen zu empfehlen? Für Menschen, die eine Geschichte der französischen letzten 80 Jahre lesen wollen aus Perspektive einer Frau, die genau diese Zeitspanne in Frankreich gelebt hat. Für Menschen, die über ihr eigenes Leben und Erleben des eigenen Lebens nachdenken wollen auf der Grundlage eines genialen Textes, in dem die Gesellschaft, die strukturellen Bedingtheiten des eigenen Lebens mit ebendiesem und durch eine Erzählung von diesem in ihrer Verwobenheit erzählt werden. Der Roman – oder die Biografie? – beginnt mit dem Stakkato-haften Erzählen von Bildern, die wie Dias im Gedächtnis der...

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Hanya Yanagihara: Das Volk der Bäume

Hanya Yanagihara: Das Volk der Bäume Für wex ist das Buch zu lesen zu empfehlen? Das Buch ist krass. Jede Seite ist voll von direkter und indirekter, subtiler, direkter, persönlicher, selbstgefälliger, legitimierter, verschleierter, unverhohlener Gewalt. Das war für mich richtig anstrengend zu lesen. Das Buch hat mich herausgefordert und diese Herausforderung halte ich für sehr produktiv – auch das massive Lesen von Gewalt in seiner ungebrochenen, von den Ausübenden gar nicht als solche wahrgenommenen Form und die Fragen, die ich mir als Person mit weißen Privilegien in dieser Gesellschaft damit stellen kann. Es ist jetzt zwei Wochen mindestens her, dass...

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Gaël Faye: Kleines Land

Gaël Faye: Kleines Land Für wex zum Lesen zu empfehlen? Für Menschen, die poetische Geschichten zu in Europa wenig erzählten Geschichten mögen. Die Geschichten vom Aufwachsen, Freund*innenschaften, Familienbindungen in kriegerischen und Rassismus durchtränkten politischen Situationen lesen wollen und etwas über die Geschichte von Burundi, Ruanda und Frankreich aus Sicht eines Kindes, Jugendlichen und später Erwachsenen erfahren wollen. Menschen, die Zusammenhänge zwischen rassistischen Einlesungen, Leben im Krieg und den vielfältigen Auswirkungen auf ein individuelles Leben lernen möchten. Der Roman erzählt die Geschichte eines Jungen in Burundi aus dessen Sicht und sein Aufwachsen mit seiner ruandischen Mutter und dem französischen Vater sowie,...

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Franziska Hauser: Die Gewitterschwimmerin

Franziska Hauser: Die Gewitterschwimmerin Für wex zum Lesen zu empfehlen? Für Menschen, die sich mit Dis_Kontinuitäten deutscher Geschichte anhand einer konkreten Familie beschäftigen wollen vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute. Für alle, die es mögen, wenn Geschichten in Zeitsprüngen erzählt werden, bei denen sich die Verbindungen erst im Laufe der Zeit entschlüsseln. Das Buch beginnt seltsam: Die Mutter der Protagonistin Tamara stirbt eher überraschend und nach Alkolholkonsum auf einer Polizeiwache. Tamara, die noch lebende Tochter besiedelt nach dem Tod der Mutter das Haus der nun beide verstorbenen Eltern. Dies macht sie, indem sie vor allem zunächst Wände schreiend und...

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Celeste Ng: Kleine Feuer überall

Celeste Ng: Kleine Feuer überall Kleine Feuer überall. So klein, dass sie häufig erst mal nicht zu merken sind. Gelegt aus Frust, Verzweiflung, Trauer, als Kommunikationsangebot. Zunächst kleine Feuer, ist am Ende aber das ganze Haus abgebrannt. So auch in der Rahmenerzählung des neuen Romans von Celeste Ng. Am Ende, was zugleich der erzählte Anfang des Romans ist, steht die Familie Richardson, Vater Anwalt, Mutter Lokalreporterin und drei der vier Kinder im Teenage-Alter, vor den abgebrannten Ruinen der Familienvilla in einem reicheren Viertel des Ortes Shaker Heights, außerhalb von Cleveland. Alle bis auf eins der vier fast erwachsenen Kinder der...

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