Usama Al Shahmani: In der Fremde sprechen die Bäume arabisch

Usama Al Shahmani: In der Fremde sprechen die Bäume arabisch

Was ein sanftes Buch! Der Schmerz über das Verschwinden des Bruders im Irak in Zeiten der Gewalt, das schwierige Ankommen des Ich-Erzählers in der Schweiz – beides wird hier zu einem äußerst lesenswerten Erzählstück miteinander verwoben. Der Ich-Erzähler beginnt mit einem Wundern darüber, dass in der Schweiz gewandert wird. Was soll wandern sein? Und warum sollten Menschen wandern? In seiner Verzweiflung – über die Ferne zum Irak und der Familie dort, über die administrativen Verhältnisse in der Schweiz, über das Verschwinden des Bruders in Bagdad – wendet sich der Erzähler Bäumen zu, Wäldern und fühlt sich dort aufgehoben und angenommen. Bald werden aus den Begegnungen Wanderungen – und so erzählt das Buch auch von einem Ankommen in der wandernden Schweiz, einem Sein in Zwischenorten, einem sich Wohlfühlen in Landschaften. Viele kleine Erzählungen des Weges handeln auch von Bäumen im Irak, ihrem Einlesen und ihrer sozialen Rolle. Das Buch klärt aber nicht nur umfassend auf über den Krieg im Irak, sondern vermittelt eine Trauer, die sich durch die Verhältnisse ins Leben einschreibt. Gleichzeitig liest sich das Buch wie Balsam auf Wunden und Verletzungen, auf Gewalt und unwiederbringliche Verluste. Jedes Kapitel ist einer bestimmten Rolle von Bäumen gewidmet. Ein Buch, welches für mich ganz leise und vorsichtig sich liest und so große innere Welten entfaltet und Wirkungen möglich macht.
Unbedingt lesenswert!

Für wens ist das Buch zu lesen zu empfehlen?
Menschen, die sich berühren lassen wollen. Menschen, die sich mit anderen Menschen und ihren Versuchen in gewaltvollen Verhältnissen zu (über)leben verbinden wollen.

Was sonst noch?
Mir bleibt Trauer nach dem Lesen. Trauer, die Worte findet und Wege damit weiterzuwandern. Mir bleibt ein großes Unverständnis dazu, wie Menschen, die flüchten müssen, in Europa noch Steine in den Weg gelegt werden, können sie überhaupt bis hierhin kommen. Das Buch ist ein großes Plädoyer für Mitgefühl mit Menschen und Natur und Mitmenschlichkeit.

[Rezension von Lann Hornscheidt]

 

Usama Al Shahmani (2018): In der Fremde sprechen die Bäume arabisch. Zürich: Limmat Verlag

Link zum Roman auf der Homepage des Verlags

Eintrag von Usama Al Shahmani auf der Homepage des Verlags

Copyright Coverfoto: Limmat Verlag