Friederike Hofert lebt in Halle/Saale, übersetzt aus dem Englischen und Spanischen, forscht zum Zusammenhang von Macht und Literaturkontakt und arbeitet mit jeder Übersetzung daran, diesen zu untergraben.
Zuletzt hat sie den Roman Institut für gute Mütter (Ullstein 2023) von Jessamine Chan übersetzt, für welchen sie das Johann-Joachim-Christoph-Bode-Stipendium des Deutschen Übersetzerfonds erhielt.
Für w_orten & meer übersetzte Friederike Hofert 2022 bereits den historischen Roman In der Tiefe der Wurzeln beginnt ein Singen von Tina Makereti aus dem neuseeländischen Englisch.
2024 folgt die Übersetzung des Romans Was Hortensia nicht mehr erzählen konnte aus dem Spanischen von Dulce Chacón. Ebenfalls 2024 erscheint die Übersetzung erd verbunden sein, Band 1 der Reihe verbunden sein, die bis Herbst 2026 halbjährlich erscheinen wird.
3 Fragen an Friederike Hofert
Was macht dir beim Übersetzen besonders Freude?
Mich über Monate mit einem Text beschäftigen zu dürfen, empfinde ich als unglaublichen Luxus. Ich liebe es, vollkommen in die Texte einzutauchen und sie mir durch diese sehr genaue Art des Lesens, die übersetzen für mich ist, zu erschließen und dann darüber zu brüten, wie ich sie mit möglichst wenig stilistischen und inhaltlichen Verlusten für ein deutschsprachiges Lesepublikum zugänglich machen kann.
Viele stellen sich das Übersetzen als sehr einsame Tätigkeit vor, aber ich hatte bislang das Glück, gemeinsam mit unglaublich engagierten und wunderbaren Menschen an Texten zu arbeiten. Wenn aus dieser gemeinsamen Anstrengung dann ein gutes Buch entsteht, in dem eine wichtige Geschichte erzählt wird oder das zu einer Diskussion beiträgt, ist das ein sehr empowerndes Gefühl.
Das wäre das Schöne im Großen, auf der Makroebene, sozusagen. Ich liebe aber auch die Basteleien am Wort, die Suche nach dem treffendsten Adjektiv oder einem Wortspiel, das den Charme der Vorlage wiedergibt. Das ist ein bisschen wie euphorisches Kreuzworträtsellösen.
Was waren in deinen letzten Projekten besondere Herausforderungen?
Bei der Reihe verbunden sein ist die größte Herausforderung, der inhaltlichen und stilistischen Vielstimmigkeit der Essays und Gedichte gerecht zu werden und mich innerhalb kürzester Zeit in die Texte hineinzudenken, sachlich genau und trotzdem zugänglich zu übersetzen.
Die Frage nach Ton und Zugänglichkeit stellt sich in Romanen natürlich auch, aber es kommen noch anderen Fragen dazu: Wie kann ich in einem historischen Roman die Sprache unauffällig entgendern, zum Beispiel. Oder wie gehe ich mit diskriminierender Sprache um, wenn sie für die Handlung eine Rolle spielt, weil Figuren etwa mit Rassismen oder Sexismen konfrontiert werden? Wie kann ich Eigenheiten von Figurenrede in all ihrem kreativen Potenzial wiedergeben?
Bei den Romanen, die ich für w_orten & meer übersetzen durfte, kommt noch hinzu, dass beide mir inhaltlich so sehr zugesetzt haben, dass ich immer wieder Pausen einlegen musste. Ich verbringe ja Monate mit den Figuren und wenn ihnen im Laufe der Handlung etwas zustößt, trifft mich das vor allem in Romanen hart, die auf historischen Tatsachen basieren, in denen ihr Schicksal also für das von vielen steht.
Was wünschst du dir für die deutsche Übersetzungslandschaft?
Ich wünsche mir eine diversere, sichtbarere und marktunabhängige Übersetzungslandschaft. Höhere Honorare und umfassendere Förderungen würden verhindern, dass unabhängige Verlage, Lektorierende und Übersetzende zur Erhaltung der Bibliodiversität in die Selbstausbeutung gehen. Das würde diesen Berufszweig auch für Menschen öffnen, die ihn sich aufgrund familiärer, gesundheitlicher oder anderer Umstände nicht „leisten“ können.
In puncto Sichtbarkeit geschieht gerade viel, aber gerade mit Blick auf die Diskussionen, die über die Möglichkeiten von KI geführt werden, braucht es mehr Verständnis dafür, dass übersetzen mehr ist, als einen Text einfach nur noch einmal in einer anderen Sprache abzuschreiben.