Zeit des Schattens
Ein Dorf brennt. Einige Tageswanderungen vom Meer entfernt, irgendwo an der westafrikanischen Küste. Nach dem Brand sind zwölf junge Männer aus dem Dorf verschwunden. Die Mütter trauern kollektiv, ausgeschlossen aus der Dorfgemeinschaft, eine Gruppe wird losgeschickt, um die Verschwundenen zu suchen. Die Heilerin des Dorfes hat Visionen, die Mütter haben Träume, in denen ihnen ihre Söhne erscheinen. Alle begegnen so dem bisher Unvorstellbaren: dem Beginn der kolonialistischen Verschleppung, Ausbeutung und Ermordung von Menschen des afrikanischen Kontinents.
Zeit des Schattens ist ein intensiver, großartig erzählter und historisch wie politisch wichtiger Roman einer der wichtigsten postkolonialen Autor*innen. Erzählt wird aus der Perspektive derjenigen, deren Gemeinschaften, Lebensweisen und Glaubenssysteme mit dem europäischen Kolonialismus neue Dimensionen von Gewalt erfahren und erleiden mussten. Dieses bisher wenig beschriebene Kapitel des Kolonialismus wirft bis heute seine gewaltvollen Schatten.
Für welche Personen ist das Buch zu empfehlen?
• Für Menschen, die mehr lernen wollen zu Kolonialgeschichte und nicht erinnerten, nicht erzählten und vielleicht auch nur schwer erzählbaren Geschichten der Versklavung von Menschen und was dies mit Gesellschaften und Gesellschaftsordnungen machen kann.
Léonora Miano
Léonora Miano ist eine der wichtigsten postkolonialen französischsprachigen Stimmen. Ihr Werk besteht aus mehr als 15 Romanen, Theaterstücken und Essaybänden, für die sie vielfach ausgezeichnet wurde. Unter anderem mit dem Goncourt des lycéens (2006) und dem Prix Seligmann (2012). Zeit des Schattens wurde in Frankreich mit dem Prix Fémina ausgezeichnet. Zuletzt war sie mit ihrem jüngsten Werk Impératrice Rouge, einer starken afrikanischen Utopie, für den Prix Goncourt nominiert.
Léonora Miano ist in Douala (Kamerun) geboren, lebte seit 1991 in Frankreich und wohnt heute in Togo.
Über_setzung
Ina Pfitzner hat Zeit des Schattens (im Original La Saison de l’Ombre, erschienen 2013 bei Grasset) aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt.
Über die Herausforderungen und Möglichkeiten, die es bedeutet diskriminierungskritisch zu über_setzen, hat Ina Pfitzner den Artikel „Momentan bevorzugt der Verlag …“ – oder Wie übersetze ich diskriminierungskritisch? für das Bücher Magazin geschrieben.
„Ich hatte schon lange keine so intensive Leseerfahrung mehr, die vor allem meinen gewohnten westlichen, weißen Blickwinkel so sehr auf den Kopf gestellt hat wie dieses Buch. Es bringt den grausamen Schnitt in der Weltgeschichte, den die TDS darstellt, auf den Punkt wie kaum ein anderer Text, den ich bisher zum Thema gelesen habe.“
– Magda Birkmann
(TDS steht für transatlantische Deportation subsaharischer Menschen. Diesen Begriff verwendet und etabliert Léonora Miano unter anderem im Essayband Eine Grenze bewohnen – Erinnerung dekolonisieren.)
„Ein fesselnder, grandioser Roman, der im Küstengebiet des heutigen Kameruns angesiedelt ist. Miano hat sich intensiv mit der Mythologie, den Glaubensvorstellungen, aber auch der Kleidung oder der Nahrung von subsaharischen Menschen um 1500 auseinander gesetzt. Fantastisch geschrieben, vielschichtig und politisch positioniert und positionierend. Read it!“
– Beate Foltin / weiberdiwan Herbst/Winter 2021
„Der spannende und ergreifende Roman legt ein dicht geschriebenes Zeugnis dazu ab, wann und wie der Schatten des Kolonialismus begann und bis heute weiter wirkt – und welche Formen von Wissen und Geschichten mit und durch Kolonialismus bis heute zum Schweigen gebracht werden.“
11/2021 | Weiberdiwan – die feministische Rezensionszeitschrift (Herbst/Winter 2021)
03/2021 | Berliner Stadtmagazin mein/4 (Ausgabe März-Mai 2021, s. 54)
02/2021 | Newsletter-Ausgabe Lesen ist ein Pyramid Scheme! von Magda Birkmann (Magda liest. Und liest. Und liest.)
04/2021 | Online-Lesung & Gespräch organisiert vom Centrum Frankreich | Frankophonie (CFF) der TU Dresden
01/2021 | SR2-Kulturradio Tilla Fuchs im Gespräch mit Léonora Miano & Lesung